Müssen sich Richter so etwas gefallen lassen?
In Ergänzung und als Gegenstück zur Nr. 183 "Dürfen Richter solche Urteile fällen" passt ein Fall aus dem mittelfränkischen Syburg, Gemeinde Bergen (zwischen Weißenburg und Gredingen), der seit 1978 die Gemeinde und die Gerichte belastet.
Hier verwiese ich auf den Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" vom 24.08.2013, Seite 45 unter "Ein Mann mauert". Diesen Artikel bitte ich zu lesen -> bitte googeln
Kurz diesen Artikel zusammen gefasst:
Das Schloss wurde ein Jahr zuvor, 1977 von einem damals 45-jährigen gekauft.
1978 beschwerte sich der renitente Schlossherr, das "illegal unbehandelte und behandelte Abwässer in den Schlossteich und das Grundwasser fließen"
Seitdem = jetzt 36 Jahre !!!!! bleibt der Schlossherr alle Grundsteuren, Müllgebühren und Gerichtskosten schuldig.
Warum kann dies sein?
Weil hier ein Paradebeispiel deutscher Gerichtsbarkeit ad absurdum geführt wird.
Durch die Regelungswut der Deutschen – ausgedrückt durch unzählige Gesetze – entsteht keine Rechtssicherheit, es entsteht dadurch immer mehr Rechtsunsicherheit.
Ganz einfach erklärt, warum die Deutschen diese Regelungswut, diesen Regelungswahn entwickelten:
Vorweg: Man beachte bitte beim Weiterlesen, dass vor allem gescheite Deutsche, die dies lesen, „Einfaches“ so nicht akzeptieren und deshalb auch verstehen wollen.
Damit wäre eigentlich schon alles – für einen Ausländer – erklärt.
Nur, da ich ja in Deutsch schreibe, Deutscher bin und dadurch vorrangig Deutsche anspreche, dadurch ergibt sich für mich, dass ich das genauer (deutscher) ausführe muss.
Das ist ein Widerspruch „in sich“, einige unter Euch werden die dahinter verborgene Ironie erkennen.
Noch mal, ganz einfach erklärt, warum die Deutschen diese Regelungswut, diesen Regelungswahn haben:
1. Wir Deutschen meinen alles regeln zu müssen, weil uns unsere Vergangenheit dies so suggeriert/vorgibt.
Dahinter steckt: Alles, was nicht genauestens geregelt wird, das läuft aus dem Ruder. In Deutschland darf nichts aus dem Ruder laufen!
Dies ist ein Trugschluss, denn gerade deswegen läuft viel aus dem Ruder.
2. Wir Deutschen bekommen den Punkt 1 von den „gescheiten Deutschen“ vermittelt, da diese gescheiten Deutschen unsere Gesetze mal auf den Weg gebracht haben. Ein „einfacher Deutscher“, oder auch z. Bsp. ein Bau-Ingenieur, ein Bäcker oder auch ein Künstler bringen keine Gesetze auf den Weg.
Ein gescheiter Deutscher ist in diesem Falle ein sehr guter Jurist. Bestimmt waren es mehrere gute Juristen, die unser Grundgesetz auf den Weg gebracht haben.
3. Die Probleme begannen sofort – nach den ersten Urteilen, nach den ersten Rechtsprechungen oder auch schon während der ersten Rechtsprechungen ab dem Mai 1949: Nicht jeder verstand die Gesetze, nicht jeder wollte die Gesetze so verstehen.
4. Infolge von Punkt 3 wurden – die anfangs guten und überschaubaren – Gesetze interpretiert.
Diese Interpretationen machten die – anfangs guten und überschaubaren – Gesetze nicht stichhaltiger und verständlicher, sondern schwammiger.
5. Woran lag dies, dass in den vergangenen 64 Jahren die Gesetze nicht überschaubarer, sondern schwammiger wurden?
Nicht an den Rechtsanwälten, die Ihre Argumente (ob gute oder weniger gute Argumente ist hier unbedeutend) vor Gericht durchbringen wollten und deshalb mit den Interpretationen der Gesetze hantierten.
Es lag eindeutig an den Richtern, die diese Interpretationen zuließen.
Warum ließen und lassen auch noch heute Richter solche Interpretationen oder generell Interpretationen zu?
Weil Sie in der Urteilsfindung unsicher sind, trotz eigentlich eindeutiger und guter und überschaubarer Gesetze.
Warum sind sich Richter in der Urteilsfindung unsicher?
Weil es, wie in jeder anderen Berufsgruppe, gute und weniger gute Richter gibt.
Nur eines sei zur Ehrenrettung einzelner Richter gesagt:
Wie in jedem anderen Berufsstand gibt es eine Regel, die zu beachten ist, und die ich ca. 1995 aufgestellt habe:
Die 90:10-Regel oder Neunzigzehn-Regel.
Die 90:10-Regel betrifft:
I. Prognosen zu Aussagen von Menschen zu treffen, die sich in ihrem Verhalten ändern wollen, oder
II. die Motivationen und das Engagement von Menschen in den einzelnen Abteilungen von Firmen oder Behörden, oder
III. die Wahrscheinlichkeit in einer Berufsgruppe wirkliche Könner zu finden
Zu I:
Wenn jemand Dir sagt oder auch Dir verspricht, dass er sich ändern wird, dann gehe davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass diese Absicht umgesetzt wird, bei ca. 10% liegt. (dies sind meine Beobachtungen aus den letzten 40 Jahren)
Zu II:
In jeder Hierarchie in jeder Firma oder Behörde wirst Du die 90:10-Regel bestätigt finden in der Art,
dass
- in der untersten Hierarchie nur jeder zehnte motiviert ist und für die Firma (für seinen Arbeitsplatz) mitdenkt.
- in der mittleren Hierarchie 9 von 10 „Dienst nach Vorschrift“ machen.
- in der höchsten Hierarchie nur noch jeder zehnte diese Position ausfüllt, da hier das Peter-Prinzip wirkt. (LINK weiter unten)
Zu III:
Gehe mit einem ungelösten, gesundheitlichen Problem zu Deinem Hausarzt. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 10%, dass Dir wirklich geholfen wird.
Der Hintergrund: Wie willst Du wissen, dass Dir tatsächlich geholfen wird? Du kannst es nicht wissen, es sei denn, Du konsultierst weitere Ärzte, um Dir ein besseren Urteil erlauben zu können.
Meine Erfahrung dazu, die hier als Beispiel nicht ganz passt, aber doch verstanden werden dürfte:
Mit 45 Jahren hatte ich die fixe Idee – und ohne gesundheitliches Problem – mal einen Heilpraktiker zu konsultieren. Ich wollte nur seine Ansichten über mich vergleichen mit dem, was mir die anderen Ärzte bis dahin über mich sagten.
Ich ging zum erstbesten Heilpraktiker, der ganz in meiner Nähe war. Dieser setzte sich mir gegenüber und sah mir in die Augen und erzählte mir Folgendes: „Herr Rose, sie haben Probleme mit den Nieren, diese Probleme haben sie aber schon immer. Jetzt mit 45 Jahren kommen Sie zu mir, das ist wahrscheinlich 30 Jahre zu spät.
Dann sagte er mir weiter: Unser Problem, das der Heilpraktiker hat, ist, dass die Menschen erst zu uns kommen, wenn die traditionelle Medizin versagt hat. Wie sollen wir da noch helfen können? Vor 30 Jahren wäre es wichtig gewesen ihnen ihre Disposition wegen der Niere klarzumachen und ihnen zu erklären, wie sie damit leben sollten. Heute kann ich ihnen nur noch wenig helfen. ………. Sie leiden unter Bluthochdruck! Mögen Sie fettes Fleisch? Essen Sie fettes Fleisch gern?“
Meine Antworten: „Ich habe Bluthochdruck und ich mag fettes Fleisch nicht“
„Dann machen wir erst mal gar nichts Herr Rose. Sie gehen wieder heim und zwingen sich über das nächste halbe Jahr auch fettes Fleisch zu essen“
Nach dem halben Jahr – und dem „Inmichreinzwingen“ von fettem Fleisch ging ich wieder zu diesem Heilpraktiker – und mein Blutdruck war o.k.
Anmerkungen zu meinem Beispiel:
Wahrscheinlich hatte ich hier Glück, ich fand den einen Heilpraktiker von den Zehn, der gut war.
Heute esse ich fettes Fleisch (max. 1 x in 3 Wochen) und es schmeckt mir wieder.
Was mache ich heute für einen „normalen“ Blutdruck: Ich esse weiterhin „normal“, d.h., ich esse alles.
Das vorangegangene Beispiel bedeutet und auf die Richter umgemünzt, dass nur jeder zehnte Richter souverän in seinem Denken und Handeln ist und die Gesetze als Stütze zu seiner Urteilsfindung nutzt.
Wohlfeile Richter müssen sich, so wie es unser Rechtsstaat will und vorschreibt, ein Urteils nach Gesetzeslage, d.h., nach Gesetzestext erarbeiten. Diese 90% der Richter sind nicht in der Lage – in diesem Wust von Gesetzen und Interpretationen – ein gerechtes Urteil zu finden.
An dieser Stelle wird es – vom Denken her – sehr komplex.
Deshalb möchte ich meine Erklärungen beschränken auf:
A. Ein Richter muss, um ein Richter zu werden, vieles auswendig lernen und gegebenenfalls – wenn er etwas nicht mehr weiß – wissen, wo er das nicht mehr Parate nachlesen kann. Diese Vorgehensweise führt zu einem stoischen Ausarbeiten von Urteilsfindungen, die manchmal die Wirklichkeit nicht mehr berücksichtigt.
B. die fachlich sehr gut ausgearbeitete Erklärung von Prof. Dieter Simon „Vom Rechtsstaat in den Richterstaat“ Nr. 154
Wer die Nr. 183 gelesen hat „Dürfen Richter solche Urteile fällen?“, dem wird klar werden, wo hier das Problem liegt:
Auch wieder nur bei den Richtern.
6. Die Nr. 5 noch mal bemühend und das Peter-Prinzip (Nr. 34) heranziehend muss es nicht bedeuten,
dass der Bundesgerichtshof – als letzte Instanz bei Rechtsstreitigkeiten und Rechtsunsicherheiten – weise Urteile fällt.
Wer jetzt dem Europäischen Gerichtshof das Gleiche unterstellt, der hat gut mitgedacht.
Hierzu erinnere ich an meine Gedanken in der Nr. 183 "Dürfen Richter solche Urteile fällen"
Wo liegt hier das Kardinalproblem? Immer und nur bei den Gescheiten, die nicht zugeben würden, besser, nicht zugeben können, dass sie Fehler machen. Wer das als zu abstrakt und wirklichkeitsfremd abtut, der lese die Nr. 322 "Wer konnte DENKEN?", speziell die Überschrift "Schnelles Denken, langsames Denken" von Daniel Kahneman. Auch die Ausführungen von Philip E. Tetlock sagen desselbe aus: "Experten sind geblendet von ihrer Brillanz und hassen es, danebenzuliegen. Nicht ihre Überzeugungen, sondern ihre Art zu denken, führt sie in die Irre."
7. Vorangegangenes ist auch eine Erklärung dafür, warum die Steuererklärung auf dem Bierdeckel von Friedrich März, „Die Bierdeckel-Reform“, keine Chance zur Umsetzung in D hatte und hat, oder warum Straftäter, vor allem Kinderschänder nach Verbüßung ihrer Haftstrafe vom EU-Gerichtshof per Gesetzt auf freien Fuß gesetzt werden müssen, statt in Sicherungsverwahrung zu kommen - zum Schutz der Kinder. Was zählt da schon eine weitere, zerstörte Kinderseele?
Resümee:
So leicht, wie es dem Richter Otto Brixner fiel, Gustl Mollath in eine geschlossene Anstalt zu bringen, so leicht müsste es auch sein, dem unbelehrbaren Schlossherrn das Handwerk zu legen.
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